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200 JAHRE KATASTER IN TRENTINO – SÜDTIROL

Artikel von Johann Martin Lun

200 JAHRE KATASTER IN TRENTINO – SÜDTIROL
Der Kataster wurde mit dem Grundsteuerpatent vom 23. Dezember 1817 unterzeichnet durch Kaiser Franz I im damaligen Kaiserreich Österreich eingeführt. Der Kataster in der Region Trentino – Südtirol, seit 1919 gehört die Region zu Italien, wurde vom Königreich Italien mit Gesetz Nr. 211 vom 8. September 1924 in den ehemaligen Ländern Österreichs beibehalten. Das Patent sah vor, dass alle Parzellen einer Gemeinde vermessen werden, dass diese in einem Mappenblatt graphisch zu kartieren sind, dass die Flächen der Parzellen ermittelt und die Eigentümer in einem Protokoll erfasst werden. Auch soll der Ertrag nach erfolgter Vermessung geschätzt werden. Das Grundbuch, welches auch in Trentino-Südtirol gilt, wurde 1871 eingeführt.
Die Region Trentino-Südtirol, sowie die, für den Kataster zuständigen, Autonomen Provinzen von Bozen und Trient haben für den 4. Dezember 2017 im Schloss Maretsch in Bozen eine Internationale Tagung „200 Jahrfeier Kataster“ organisiert, zu der auch die TPG, Topographenvereinigung Trentino-Südtirol eingeladen wurde. An der Tagung nahmen als Vertreter der TPG, Karl Messavilla, Patrizio Zindaco, Walter Iseppi und Johann Martin Lun teil. Beim Festakt am Vormittag, nach den Grußworten von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Ugo Rossi, und den zuständigen Assessoren für den Kataster, Christian Tommasini für Bozen und Carlo Daldoss für Trient, folgten Grußworte von Wernher Hoffmann, Präsident des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen BEV, aus Wien sowie Arturo Angelini von der Agentur der Einnahmen. Anschließend haben die Präsidenten der Geometerkollegien von Bozen, Gert Fischnaller und von Trient Graziano Tamanini,  Vertreter der Interdisziplinären Ausschüsse  der technischen Berufskammern und Kollegien der jeweiligen Provinzen, die Vorzüge des Kataster- und Grundbuchssystem hervorgehoben. In Vertretung der Notariatskammern von Bozen, Trient und Rovereto brachten die Notare Walter Crepaz und Pasquale Spena ihren Beitrag zur Festveranstaltung. Anschließend hielt Heinz König, Delegierter des BEV, den Festvortrag mit dem Titel „Man verdanket einer löblichen k.k. Grundsteuerregulierungs-Hofkommission“, wobei auch die Verbindungen zum Mailänder Kataster anno 1718 hervorgehoben wurden.
Am Nachmittag, moderiert durch Alfred Vedovelli, Inspektor für das Grundbuch in der Provinz Bozen, wurden folgende Fachvorträge abgehalten:
- Paolo Russo, Inspektor für den Kataster der Provinz Bozen, referierte  über „Dreidimensionale Ermittlung der Realrechte“.
- Julius Ernst aus Wien, vom BEV, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, sowie Präsident der ÖGV, Österreichische Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation, hielt den Vortrag „Entwicklung und Status des Katasters in Österreich im Zeitraffer“.
- Marcus Wandinger, Geschäftsführer, Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder (ADV) der Bundesrepublik Deutschland aus München hielt den Vortrag „Das Liegenschaftskataster in Deutschland mit besonderer Berücksichtigung des Katasters im Freistaat Bayern“.
- Roberto Revolti, Leiter der Abteilung Kataster in Trient, hielt einen Vortrag „200 anni … e non sentirli´´  über Geschichte, aktuelle Lage und Entwicklungen in der Zukunft.
- Iole Manica, Leiterin der Abteilung Grundbuch in Trient hielt den Vortrag über „die Katastermappe im System der Veröffentlichung der Liegenschaften im Grundbuch“.
- Dino Buffoni, Leiter des Geodätischen Amtes in Trient hielt seinen Vortrag über „HISTORICALkat“.
Die moderne Katastervermessung beginnt mit dem Edikt des Kaisers Karl VI vom 3. Dezember 1718 in der Lombardei, die damals zu Österreich gehörte, und als „Theresianischer Kataster“ bekannt ist. In nur drei Jahren, von 1721 bis 1723, wurden dort die Vermessungen mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführt, welche zu 23.870 Mappenblättern im Maßstab 1:2000 geführt haben. Hier muss die hervorragende Gestalt von Gian Giacomo Marinoni genannt werden, geboren in Udine am 9. Februar 1676, Hofmathematiker zu Wien, der wegen seiner Verdienste geadelt wurde. 1719 wurde Marinoni nach Mailand gerufen, um dort  beim Aufbau eines neuen Katasters mitzuwirken. Interessant ist, dass man damals in Mailand mit dem Squadro zu messen gewohnt war und erst nach Vergleichsmessungen mit dem Messtisch, diese Methode als schnellere erkannt wurde. Da der „Theresianische Kataster“ zuerst in der Lombardei eingeführt und erst 100 Jahre später im damaligen Tirol, könnte man sogar von einem 300 Jahre alten Kataster sprechen.
Johann Martin Lun, im Januar 2018